Wie lange dauert eine ordentliche Anamnese – und warum muss sie so lang sein?
Oft ernte ich Staunen, wenn ich einen neuen Patienten darüber aufkläre, dass für die ordentliche Anamnese einer chronischen Erkrankung (z.B. Neurodermitis, Psoriasis, Rheuma, ständige Erkältungsneigung, Regelbeschwerden, Allergien etc.) mindestens 2,5 bis 3 Stunden in der Praxis anfallen – ja anfallen müssen!
Die klassische Homöopathie ist eine ganzheitliche, und individualisierende Heilweise. Jeder Fall, jeder Patient ist einzigartig, es gibt keine einfachen Wiederholungen von Erkrankung und Therapien. Es muss bei jedem Patienten erneut die Gesamtheit aller Symptome sowohl auf körperlicher Ebene als auch auf Gemütsebene erfasst werden. Man könnte die klassische Homöopathie damit auch als personalisierte Medizin beschreiben. Dabei sind die Hauptbeschwerden des Patienten nur ein, wenn auch sehr wichtiger Mosaikstein im Gesamtbild aller Symptome. Diese Gesamtheit der Symptome wird dann für die individuelle Arzneiauswahl herangezogen. Zehn Patienten mit Kopfschmerzen, würden sehr wahrscheinlich mit zehn unterschiedlichen homöopathischen Arzneienen versorgt werden – jeder Patient mit der individuell passenden Arznei!
Um alle Aspekte der Erkrankung und des Gesamtzustandes des Patienten abfragen zu können, ist die Zeit der Befragung (Anamnese) einfach nicht zu unterbieten, wenn man denn genau arbeiten möchte.
Das anfängliche, etwas skeptische Staunen der neuen Patienten wandelt sich meist am Ende der Anamnese in Verständnis und Anerkennung. Homöopathie nimmt sich Zeit für Patienten.